Da immer mehr User nachgefragt haben, ob ich die VC-Methode noch etwas genauer erklären könnte, habe ich nun diesen Artikel verfasst und stelle auch einen kostenlosen Download zur Verfügung.
Die VC-Methode ist besonders dann geeignet, wenn es um Bewertung digitaler Business Modelle geht, die zwar hoch skalierbar sind, aber auch über Jahre Investitionen erfordern ohne Chance auf ROI aus dem Unternehmen selbst zu erhalten. Bei diesen Modellen und den Unternehmen, die diese aufbauen und betreiben, ist es oft so, dass Gründungs- und Lead-Investoren ihr Geld dadurch vermehren, dass ihr eigener Equity-Anteil mehr Wert wird, ohne dass das Unternehmen in welches investiert wird, Geld verdienen muss.
Für die Investoren stellt sich daher die Frage, wieviel das Geschäftsmodell und das dieses betreibende Unternehmen Wert ist, bzw. wie es von Investoren bewertet und was es in x-Jahren wert sein wird, unter der Nebenbedingung, dass durch diese Wertentwicklung auch der eigene Equity-Anteil wertvoller wird.
Dabei müssen zwei Analysen zusammengebracht und miteinander verknüpft werden. Zum einen muss klar sein, wie mit dem Geschäftsmodell perspektivisch Geld verdient werden kann, zum anderen muss deutlich werden, wieviel Kapital für eine definierte Phase benötigt wird. Daher gibt es bei Investitionen in Start-Ups auch sogenannte Investitionsrunden, da schon von Beginn an klar ist, dass das zur Verfügung gestellte Geld nicht reichen wird. Da man aber nicht zu viel zu Beginn investieren will, wartet man ab, wie sich das Unternehmen und sein Geschäftsmodell entwickelt.
Wenn definierte Ziele am Ende der Phase erreicht wurden, werden neue Finanzierungsrunden eröffnet und abgeschlossen. Daher sind neben den perspektivischen Umsatzpotentialen vor allem auch KPI wichtig, die die positive Entwicklung des Business Models dann auch belegen können.
Bei der Bewertung ist immer und ausschließlich die Zukunft entscheidend, denn jede Business Model Bewertung und Unternehmensbewertung ist zukunftsbezogen. Die Vergangenheit dient lediglich als Grundlage für die Planung bzw. als Plausibilitätskontrolle, sofern bereits ein Unternehmen mit betriebswirtschaftlichen Kennzahlen existiert. Zudem ist jede Bewertung subjektiv, die mittels Kennzahlen und Kalkulationen objektiviert werden soll.
Sofern ein Unternehmen schon länger am Markt aktiv ist und betriebswirtschaftliche Kennzahlen aufweist, werden für die Bewertung oft finanzielle Kennzahlen der Vergangenheit, die in die Zukunft fortgeschrieben werden, herangezogen. Dabei haben sich vor allem das sogenannte
• abgezinste Cash Flow Verfahren und das
• Ertragswertverfahren
etabliert. Diese werden an dieser Stelle nicht weiterverfolgt, weil Startups, die erst noch Geschäftsmodelle realisieren und in eine Unternehmensstruktur überführen wollen, noch keine betriebswirtschaftlichen Kennzahlen vorweisen können.
Für diese Bewertungsfälle haben sich vor allem im amerikanischen Investment-Sektor in Technologie-Startups andere Bewertungsverfahren etabliert. Eines der dominanten Verfahren ist die sogenannte Venture Capital Methode.
Diese Methode wird laut Ernst & Young in mehr als der Hälfte aller VC-Gesellschaften angewendet und ist damit eine der am häufigsten genutzten Methoden für die Wertermittlung von Startups und Unternehmen mit einer hohen Skalierungsmöglichkeit.
Der Investor möchte hierbei denWert des eigenen Kapitalanteils (Equity) am Unternehmen erhöhen. Es geht dem Investor nicht darum aus den operativen Gewinnen Geld zu erhalten, sondern durch der Wertsteigerung des eingesetzten Kapitals Profit zu schlagen. Daher besteht das primäre Ziel darin die Anteile zu einem späteren Zeitpunkt wieder veräußern zu können.
Dabei gibt es vor allem drei Varianten:
· Verkauf der Anteile an andere Investoren
· Verkauf des Unternehmens an Wettbewerber
· Börsengang
Der dem VC-Modell zugrunde liegende Gedanke ist ein wesentlich anderer, als er bei vielen deutschen Investoren und Unternehmenseignern vorherrscht. Diese wollen durch die finanzielle Wertschöpfung des Unternehmens selbst Geld verdienen. Dies geschieht durch Dividenden bzw. durch Gewinnausschüttungen von dem Unternehmen an die Anteilseigner.
Ein Beispiel: Stefan Quandt besitzt 25,83 Prozent der Anteile an dem deutschen Autobauer BMW. Dieser hat 2017 8,7 Milliarden Euro Gewinn erzielt. Dieser Gewinn wird an die Anteilseigner ausgeschüttet. Wie viel ausgeschüttet wird, wird durch den Vorstand und dem Aufsichtsrat festgelegt. Für das Jahr 2017 wurden 30 Prozent des Gewinns als Dividende an die Aktionäre ausgezahlt. Dies entspricht also einer Ausschüttungssumme von 2,61 Milliarden Euro. Davon erhält Stefan Quandt 25,83 Prozent, was einer Summe von 674 Millionen Euro entspricht. Der Rest wird zu Eigenkapital des Unternehmens und kann von diesem für Investitionen und die Aufrechterhaltung des Betriebs, im Falle von Verlusten, eingesetzt werden. Dem Unternehmen BMW stehen damit aus dem Gewinn 2017 über
6 Milliarden Euro an Kapital zur Verfügung. Für Anteilseigner an derartigen Unternehmen ergibt sich eine recht komfortable Situation, da sie selber Geld verdienen und gleichzeitig kein Geld mehr investieren müssen, um die Existenz und die Entwicklung des Unternehmens zu sichern.
Der Wert von Anteilen an derartigen Unternehmen und Geschäftsmodellen wird also danach bewertet, wieviel der Investor direkt durch den Erfolg des Unternehmens verdienen kann. Je mehr Anteile der Investor an solchen Unternehmen hat umso höher ist der eigene Cashflow, weil man mehr vom ausgeschütteten Geld erhält. In diesen Fällen nimmt man zur Bewertung vor allem sogenannte Equity-Bewertungskennziffern.
Bei Startups, aber auch Unternehmen, die ihr Geschäftsmodell aufbauen und expandieren wollen, kann dieses Vorgehen nicht funktionieren, da diese Unternehmen nicht nur kein Geld erwirtschaften, sondern Geld „verbrennen“ also mehr ausgeben als sie einnehmen.
Hierfür müssen die Investoren hinnehmen, dass die Investitionssumme aufgebraucht wird und aus dem Unternehmen kein Geld zurückfließt. Vielmehr muss jährlich investiert werden. So wurde bisher in UBER mehr als 25 Milliarden Dollar investiert. Kumuliert hat UBER Verluste von 13 Milliarden Dollar angehäuft. Für die kommenden Jahre wird prognostiziert, dass pro Jahr circa 3 Milliarden Dollar in Uber investiert werden müssen. Und dennoch beträgt der Unternehmenswert von Uber circa 50 Milliarden EUR, während die Bewertung von BMW bei circa 28 Milliarden EUR liegt. Wenn man nun viel Anteile am Unternehmen hält, muss man auch viel nachfinanzieren oder aber, man muss bei dem Einstieg anderer Investoren Anteile abgeben, was den Wert des eigenen Anteils schmälern könnte.
Man sieht, dass hier die zugrunde gelegten Bewertungsmaßstäbe vollkommen andere sind.
Für diese nicht-ertragsbringenden, aber als attraktiv eingeschätzten Geschäftsmodelle und deren Unternehmen, wird nun berechnet, um wieviel sich das eingesetzte Kapital durch die Erhöhung des Unternehmenswertes in den nächsten Jahren positiv entwickeln wird.
Aus diesem Grund wird bei der VC-Methode ein möglicher Marktwert (oder auch Marktkapitaliserung) des Unternehmens in der Zukunft geschätzt. Daraus wird eine Bewertung der Investmentsumme in Form von Anteilen am Unternehmen vorgenommen, wobei Dauer und Risiko des Investments berücksichtigt werden und der zukünftige Marktwert abgezinst wird.
Nun werden die beiden Faktoren: benötigtes Kapital und erwarteter Wert des Unternehmens in X Jahren miteinander verbunden und in Anteile umgerechnet. Eine wesentliche Rolle spielt dabei der Liquiditätsbedarf des Unternehmens, die Renditeerwartung des Investors und die benötigte Zeit bis zum Exit.
Die Ausgangsfaktoren aus Sicht des Investors im Überblick:
Zielrendite VC-Investor p.a.
Finanzierungsbetrag
Exitzeitpunkt in Jahren
Umsatz-Multiplikator
Drei wesentliche Dinge müssen nun bekannt sein bzw. verstanden worden sein.
1. Wie kann perspektivisch Umsatz mit dem Geschäftsmodell erzielt werden?
2. Wieviel Umsatz kann perspektivisch mit dem Modell erzielt werden?
3. Wieviel muss bis zur Erreichung eines gewissen Umsatzes investiert werden?
Der potentielle Umsatz spielt im Falle einer VC-Methode eine wichtige Rolle, weil dieser zur Ermittlung des Unternehmenswertes herangezogen wird. Mittels eines sogenannten Multiplikatorenverfahrens wird aus dem Planumsatz der erwartete Unternehmenswert zum Zeitpunkt des Exits errechnet.
In diesem Schritt wird eine Vergleichsgruppe von Unternehmen benötigt und muss identifiziert werden. Die Vergleichsgruppe sollte aus Unternehmen bestehen, die in Größe und Branche vergleichbar sind und einen vergleichbaren Bewertungsanlass hatten (z.B.: anstehende Finanzierungsrunde). Aus dieser Gruppe wird dann der Multiplikator abgeleitet. Hierbei wird der Unternehmenswert durch eine konkrete betriebswirtschaftliche Kennziffer dividiert (z.. Umsatz, Bit, Free Cash Flow). Da bei diesem Vorgehen der gesamte Unternehmenswert als Maßstab genommen wird.
Will man zum Beispiel ein Business Models im Bereich der Mobilität und des Ride-Sharings bewerten, kann man Unternehmen wie UBER oder Lyft als Vergleichsgruppe heranziehen. Folgende Multiplikatoren sind dann berechenbar:
Wichtig ist, dass man die Kennziffer verwendet, die man auch für die Bewertung des Startups verwenden kann und möchte. Da viele Startups in den ersten Jahren keinen EBIT planen und vorweisen können, wird oft der Planumsatz als Maßstab genommen. Dieser wird dann mit dem Multiplikator multipliziert.
Auf dieser Basis wird der Unternehmenswert berechnet, aus dem dann der Anteil am Unternehmen auf Basis des eingelegten Kapitals abgeleitet wird.
Ein Beispiel. Es geht um die Bewertung eines Business Models und das dieses betreibende Unternehmen, das ähnlich ist wie das von Uber oder Lyft. Es liegt eine (plausible) Umsatzplanung vor.
Der Investor will durch sein Engagement 17 % Rendite p.a. erzielen. Wir gehen davon aus, dass das Business Model, mit dem von UBER und Lyft vergleichbar wäre und in einem ähnlichen Markt agieren würde.
Der Umsatz des zu bewertenden Unternehmens wird mit 30.000.000 EUR im dritten Jahr geplant. Der Investor will seinen Anteil im dritten Jahr veräußern.
Der Wert des Unternehmens kann mit einem Faktor 2,5 in Bezug zum Umsatz bewertet (Multiplikator abgeleitet aus der Analyse von UBER und Lyft)
Der Investor will 2 Mio. EUR investieren.
Die Ausgangsfaktoren sehen also folgendermaßen aus:
Zielrendite VC-Investor p.a.: 17%
Finanzierungsbetrag: 2.000.000 €
Exitzeitpunkt EndofYear: 3
Umsatz--Multiplikator 2,5
In diesem Fall fordert der Investor einen Anteil von 4,27 %, wenn er davon ausgeht, dass sein Anteil nicht verwässert wird. Stimmen die Prognosen, dann ist sein Anteil im dritten Jahr 3,2 Mio. EUR Wert.
In diesem Fall hat der Investor mit einem Einsatz von 17 % nach drei Jahren seinen Wertanteil am Unternehmen auf über 3,2 Millionen EUR gesteigert. Es wird deshalb nur ein geringer Unternehmensanteil verlangt, weil man ja weiß, dass es weitere Finanzierungsrunden mit weiteren Investoren geben wird, und man dafür wieder Anteile abgeben muss. In weiteren Finanzierungsrunden muss dann aber nichts vom eigenen Anteil abgegeben werden, sondern die Gründer geben Stück für Stück ihre Anteile an Investoren ab.
Würde man zu Beginn zu viele Anteile verlangen, würde sich bei Einstieg mehrere Investoren das eingesetzte Kapital trotz Wertsteigerung des Unternehmens im Wert reduzieren.
Bei dem E-Scooter Sharing Unternehmen "Bird" gab es 5 Finanzierungsrunden mit insgesamt 24 Investoren und davon 6 Leadinvestoren. Insgesamt wurden bisher 584 Millionen Dollar in Bird investiert und der Unternehmenswert liegt bei über 2 Milliarden Dollar.
Hier geht es zu dem kostenlosen Download
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